Mit der Verabschiedung eines Mediationsgesetzes ist in Spanien bald auch auf staatlicher Ebene zu rechnen. Auf Ebene der autonomen Gebietskörperschaften hatte man bereits von der hier im Zivilrecht bestehenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. So regelte der katalanische Gesetzgeber die Mediation mit dem Gesetz 15/2009 vom 22. Juli bereits in weiten Teilen des Zivilrechtes.
Auf staatlicher Ebene gibt es nun einen auch das Handelsrecht umfassenden Gesetzesentwurf „ANTEPROYECTO DE LEY DE MEDIACIÓN EN ASUNTOS CIVILES Y MERCANTILES“. Im Februar 2011 unterbreitete der spanische Justizminister diesen Entwurf dem Ministerrat. Zugleich wurde auch die Mediatorenverordnung in den Gesetzgebungsprozess eingebracht, die in Ergänzung zu den Vorgaben des Mediationsgesetzes die an die Mediatoren zu stellenden Anforderungen spezifiziert. Nun muss der Gesetzesentwurf noch von den Kammern zur Diskussion angenommen werden und verabschiedet werden. Wann mit einer Verabschiedung und Ausfertigung des Gesetzes zu rechnen ist, hängt u.a. vom Umfang der möglichen Änderungsvorschläge ab.
Das geplante Gesetz soll die Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen („EU-Mediationsrichtlinie“)umsetzen. Die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten läuft am 21. Mai 2011 ab.
Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Umsetzung einiger Mindestvorschriften zur Förderung der Mediation bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten im Zivil- und Handelsrecht.
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In Deutschland befindet sich ebenfalls ein Mediationsgesetz -„Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ -im Gesetzgebungsverfahren.
Der Inhalt des spanischen Gesetzesentwurfes geht über die Richtlinie hinaus, indem das Gesetz nicht nur für grenzüberschreitende Streitigkeiten sondern für alle in Spanien stattfindenden Mediationen gelten soll.
Der gemeinsam mit den Entwürfen zur Reform des Schiedsgerichtsgesetzes und zum Organgesetz der Justizgewalt verabschiedete Gesetzesentwurf soll wie diese zur Entlastung der Gerichte beitragen.
Im Unterschied zum Schiedsgerichtsverfahren steht bei der Mediation die eigene Entscheidung der Parteien im Vordergrund. Erklärtes Ziel ist es, durch die Normierung und Eingliederung dieses flexiblen und kostengünstigen Instrumentes in die bestehende Rechtsordnung, die tatsächliche Nutzung und Effektivität desselben zu steigern.
Der Anwendungsbereich (Art. 2 des Entwurfes) umfasst das Zivil-und Handelsrecht; ausgeschlossen bleiben strafrechtliche Mediationen, die in einem zukünftigen Strafprozessrecht geregelt werden sowie Mediationen auf dem Gebiet des Arbeitsund Verbraucherschutzrechtes, die bereits durch andere Vorschriften geregelt worden sind.
Die erzielte Mediationsvereinbarung hat, sofern sie den Anforderungen der entsprechenden Vorschrift entspricht, die Wirkung eines vollstreckbaren Titels (Art. 30.1, 28), d.h. sie kommt in ihrer Wirkung einem Gerichtsurteil gleich.
Der Mediator kann von den Parteien prinzipiell frei gewählt werden. Er muss in ein dem Justizministerium zugehöriges Register für Mediatoren und
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Mediationsinstitutionen eingetragen sein und er, bzw. die Institution der er angehört, haftet für Schäden, die sich aus einer fahrlässigen Amtsausübung ergeben. Aufgabe des Mediators ist die Erleichterung der Kommunikation zwischen den Parteien und die auf eine Annäherung der Parteien abzielende aktive Führung. Er muss jegliche Umstände aufdecken, die seine Unabhängigkeit gefährden oder einen Interessenkonflikt herbeiführen könnten und darf beispielsweise bei einer bestehenden persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu einer der Parteien nur dann tätig werden, wenn seine Unparteilichkeit sichergestellt ist bzw. die Parteien dies ausdrücklich erklären (Art 16).
Für den Rechtsanwalt bedeutet dies, dass eine Tätigkeit als Mediator für Mandanten, für die er in der Vergangenheit bereits tätig geworden ist, nicht von vornherein ausgeschlossen ist, wenngleich sie oft nicht möglich sein wird.
Den Parteien steht es in jedem Moment frei, das Mediationsverfahren abzubrechen. Es besteht kein Zwang, eine Vereinbarung zu schließen.
In den so genannten mündlichen Verfahren (juicio verbal) ist nach dem Gesetzesentwurf durch Änderung der entsprechenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung vorgesehen, den nachgewiesenen Versuch einer Mediation zwingend vorzuschreiben. Dies bedeutet, dass bei Forderungen unter 6.000 EUR in Zukunft grundsätzlich innerhalb des Zeitraumes von sechs Monaten vor Einreichung einer Klage zunächst versucht werden müsste, den Rechtsstreit im Wege der Mediation beizulegen.
Außerdem wird die gütliche Beilegung des Rechtsstreites durch elektronische Mittel gefördert. So soll der Mediationsprozess per Internet durchgeführt werden, wenn die Parteien sich darauf verständigen und die Prinzipien der Mediation dabei gewahrt werden können. In Streitigkeiten mit Forderungen unter 300 EUR soll der Mediationsprozess grundsätzlich per Internet durchgeführt werden können.
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Von besonderer Bedeutung für die Praxis wären sicherlich die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Mittel, die der Mediation in der Praxis zum Durchbruch verhelfen sollen, so der zwingend vorgeschriebene Mediationsversuch (Disposición final segunda, Nr. 10; Änderung des Art. 437 LEC) im mündlichen Verfahren, und die Ausstattung der Mediationsvereinbarung mit der Wirkung eines vollstreckbaren Titels, (Art. 30ff des Gesetzesentwurfes).
Aufkommenden Bedenken, dass gerade in Prozessen mit Forderungen unter 6.000 EUR durch den zwingenden Mediationsversuch lediglich Kosten in die Höhe getrieben werden (zumal hier oft keine komplexen Interessen der Parteien sondern tatsächlich die absichtliche Zahlungsverzögerungen zum kostenlosen Erhalt von Krediten Hintergrund ist, kann zumindest entgegengehalten werden, dass Gläubiger einen Anspruch gegen den im Verzug befindlichen Schuldner auf Erstattung der Kosten des Mediationsverfahrens erhalten (Art. 18.4 des Gesetzesentwurfes) und die vorgesehene erste informative Sitzung des Verfahrens ohnehin kostenlos ist, aber bereits das Erfordernis des obligatorischen Mediationsversuches erfüllt (Art. 19.1 des Entwurfes).
Weiter ist, um einem Missbrauch vorzubeugen, vorgesehen, dass der Antrag zur Einleitung des Mediationsverfahrens die Anspruchsverjährung und die Ausschlussfristen zur Klageerhebung lediglich hemmt, anstatt sie zu unterbrechen.
Eine Mediation eignet sich sicher nicht für alle Fälle. Bei vielen komplexen Sachverhalten könnte dieses Instrument jedoch hilfreich sein, sofern die wahren Interessen der Parteien aufgedeckt werden und die Herbeiführung einer win/win Situation möglich ist, so dass die Parteien auch in Zukunft eine gute Geschäftsbeziehung führen können. Gerade im Handelsrecht könnte es sich also als sehr konstruktiv erweisen. Ggf. werden durch die Kenntnis der Parteien noch bestehende Vorbehalte abgebaut, so dass sich die Mediation möglicherweise langfristig zu einer echten Alternative zum Prozess entwickelt.