1. Einleitung
1.1. Haushaltspolitische Probleme Spaniens Spanien leidet ebenso wie einige andere europäische Staaten noch immer unter den Folgen der Wirtschafts-und Finanzkrise. Der öffentliche Haushalt ist stark angeschlagen, das Haushaltsdefizit belief sich im letzten Jahr auf knapp 9% und die Risikoprämie bei der Kreditaufnahme steigt ständig an.
1.2. Vorhaben der Regierung Die Regierung von Ministerpräsident Rajoy versucht durch verschiedene Maßnahmen dieser Lage Herr zu werden und sowohl die Staatsausgaben zu senken, als auch die Staatseinnahmen zu erhöhen. Zu diesen Maßnahmen zählt unter anderem eine Steueramnestie, welche dazu führen soll, dass unversteuertes Geld aus dem In-und Ausland in Spanien versteuert wird.
1.3. Steuerzahlung als Bürgerpflicht Die Bestreitung der öffentlichen Ausgaben ist grundsätzlich Sache der Gemeinschaft. Die spanische Verfassung sieht vor, dass jeder spanische Bürger im Rahmen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen Teil dazu beitragen soll. Dies geschieht zumeist durch die Erhebung von Steuern. Die Zahlung von Steuern ist eine in Artikel 31 der spanischen Verfassung verankerte Bürgerpflicht.
Eine natürliche bzw. juristische Person, die ihren Wohnsitz bzw. Sitz in Spanien hat, ist dort unbeschränkt steuerpflichtig. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich alle Einnahmen, auch die aus dem Ausland, in Spanien zu versteuern sind. Hat jemand dagegen in Spanien zum Beispiel nur seinen Zweitwohnsitz oder besitzt er lediglich Immobilien im Land, so ist er beschränkt steuerpflichtig. Er hat dann bloß seine spanischen Einnahmen und das sich in Spanien befindliche Vermögen zu versteuern.
Dies erfolgt durch die Einkommensteuer Nichtansässiger (impuesto sobre la renta de no residentes, IRNR)
1.4. Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen Hat ein Steuerpflichtiger sein Geld im Ausland angelegt, so bedarf es grundsätzlich seiner Mithilfe dafür, dass es zu einer Versteuerung der daraus resultierenden Einnahmen in Spanien kommt. Kommt er dieser Mithilfe nicht nach, dann wird eine Besteuerung in Spanien zumeist verhindert.
Auch bei Einnahmen im Inland ist die Finanzverwaltung darauf angewiesen, dass der Steuerpflichtige sämtliche Einnahmen in seiner Steuererklärung angibt. Werden die erforderlichen Angaben nicht gemacht, hat der Staat häufig wenige Möglichkeiten, eine zutreffende Besteuerung durchzuführen. Die Steueramnestie soll unter anderem dabei helfen, dieses Problem in den Griff zu bekommen.
2. Königliches Dekret 12/2012
Im März 2012 verabschiedete die Regierung zum Zwecke der Erhöhung der Steuereinnahmen das königliche Dekret 12/2012, welches durch zwei weitere Dekrete im April und Mai dieses Jahres modifiziert wurde. Kernpunkt des königlichen Dekrets 12/2012 ist die einmalige Zahlung einer Sondersteuer in Höhe von 10 % des Betrages, der bislang nicht beim Finanzamt angeben wurde. Hierdurch sollen etwa 2,5 Mrd. € in die Staatskasse fließen.
Die Steueramnestie bezieht sich lediglich auf drei Steuerarten: Einkommensteuer (impuesto sobre la renta de personas físicas, IRPF), Körperschaftsteuer (impuesto sobre sociedades, IS) und die Einkommensteuer Nichtansässiger (IRNR). Sie steht somit sowohl natürlichen als auch juristischen Personen offen.
3. Bemessungsgrundlage
Die Steueramnestie bezieht sich auf alle von den drei betroffenen Steuerarten umfassten Wirtschaftsgüter, die vor dem 31.12.2010 angeschafft und noch nicht deklariert wurden.
3.1. Ermittlung der Bemessungsgrundlage Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage dient der 31.12.2010 als Stichtag. So wird bei Wirtschaftsgütern prinzipiell auf den Anschaffungswert an diesem Stichtag abgestellt. Bei Kontoguthaben ist die Höhe des Guthabens ausschlaggebend, welches am Stichtag auf dem Konto ausgewiesen wurde.
3.2. Erzielte Einnahmen als Bezugspunkt Das Finanzministerium hat zwischenzeitlich eine allgemeine Auslegungsrichtlinie für die Steueramnestie herausgegeben, in der einige Punkte hinsichtlich der Amnestie konkretisiert werden. Diese Informationen beziehen sich unter anderem auf die Bemessungsgrundlage der 10%-igen Sondersteuer.
Es wird nicht, wie es die ursprüngliche Interpretation vermuten ließ, die sich im Ausland befindliche Vermögensmasse an sich zur Versteuerung herangezogen, sondern lediglich die Erträge, die mit Hilfe der Vermögensmasse im Ausland erzielt wurden.
Beispiel: Wenn ein Steuerpflichtiger auf einem Konto im Ausland zum 31.12.2010 hin ein Guthaben von 1.000.000 € hatte, dann bezieht sich die 10 %-ige Sondersteuer nicht auf dieses Guthaben, sondern lediglich auf die damit erzielten Erträge. Hat er jährlich 5% Zinsen bekommen, so sind lediglich diese jährlichen Einnahmen in Höhe von 50.000 € anzugeben und mit 10% zu versteuern.
3.3. Verjährung Darüber hinaus ist zu beachten, dass hinsichtlich der Sondersteuer von 10% die übliche Verjährungsfrist von 4 Jahren gilt. Dies hat zur Folge, dass lediglich die Erträge aus den
Jahren 2008, 2009 und 2010 zu versteuern sind. Alle anderen Erträge, die der Steuerpflichtige vor dem 1.1.2008 erzielt und nicht in Spanien bei der Steuererklärung angegeben hat, bleiben weiterhin unversteuert. Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2007 trat die Verjährung am 30.6.2012 ein.
3.4. Amnestie auch bzgl. Bargeld Eine Besonderheit der spanischen Steueramnestie ist, dass auch Bargeld „amnestiert“ werden kann. Dafür muss das Geld auf ein Konto eingezahlt und eine Erklärung abgegeben werden, die bestätigt, woher das Geld kommt und dass es vor dem 31.12.2010 eingenommen wurde. Durch die Erklärungspflicht hinsichtlich der Herkunft des Bargeldes soll verhindert werden, dass durch die Amnestie Geld aus Straftaten gewaschen werden kann. Die Finanzverwaltung soll genau überprüfen, aus welcher Art von Geschäft das Geld stammt.
3.5. Bereits festgestellte Steuerhinterziehung Keinen Nutzen von der Amnestie sollen die Steuerpflichtigen haben, bei denen vor Abgabe der Erklärung eine Steuerhinterziehung durch die Finanzverwaltung festgestellt wurde. Die Steueramnestie soll gerade nicht zu einem temporären rechtsfreien Raum im spanischen Steuerrecht führen.
4. Durchführung, Folgen und weitere Vorhaben
4.1. Durchführung Um die Amnestie wahrnehmen zu können, müssen die betroffenen Steuerpflichtigen zwischen Juni und November 2012 mit Hilfe der Formulare 750 (steuerliche Selbsteinschätzung) und D750 (Verzeichnis der Güter und Rechte) eine Erklärung abgegeben und dann per Internet an die Finanzverwaltung weiterleiten. Am selben Tag muss die Überweisung der geschuldeten Summe, d.h. 10% des angegebenen Betrages, erfolgen.
4.2. Folgen Kommt ein Steuerpflichtiger dem nach, dann verzichtet die Finanzverwaltung auf eine Strafverfolgung, die Erhebung von Zinsen und weiterer denkbarer steuerrechtlicher Sanktionen. Auch sollen die Unterlagen und Erkenntnisse nicht an andere Behörden weitergeleitet werden und könnten somit nicht in anderen Verfahren genutzt werden.
4.3. Weitere Vorhaben Neben der Einführung der Steueramnestie plant die Regierung weitere Maßnahmen um den Fiskalbetrug einzudämmen.
4.3.1. Angabe von ausländischen Konten So ist Ende Juni ein Gesetzesentwurf beschlossen worden, der unter anderem die Pflicht vorsieht, ausländische Konten gegenüber dem Finanzamt anzugeben. Der Entwurf sieht bei Nichtangabe eines Kontos oder einer anderen für die Ermittlung der Einkommen-oder Körperschaftsteuer relevanten Information einen Strafbetrag in Höhe von 5.000 € vor.
Dieser Zusatz zur Steueramnestie soll dazu dienen, dass nicht nur ein gewisser Teil des sich im Ausland befindlichen Geldes repatriiert wird, sondern sämtliches Geld und der Steuerzugriff dadurch erleichtert wird.
4.3.2. Aufhebung der Verjährung von Steuerschulden Zusätzlich soll die Verjährung von Steuerschulden aufgehoben werden. Die Verjährungsfrist beträgt derzeit 4 Jahre ab Ablauf des gesetzlich festgelegten Zeitraums zur Zahlung der Steuer.
Die Aufhebung der Verjährung erscheint im Hinblick auf die Rechtssicherheit als äußerst fragwürdig. Durch die Verjährungsfristen wird der Steuerpflichtige grundsätzlich davor geschützt, dass er zu jedem beliebigen Zeitpunkt zur Zahlung der Steuer herangezogen werden kann. Für jeden Steuerpflichtigen muss ab einem bestimmten Zeitpunkt Klarheit darüber bestehen, ob er Steuern an den Staat abzuführen hat, und wenn ja in welcher Höhe. Fällt die Verjährung allerdings weg, so besteht die Möglichkeit, dass die Finanzverwaltung noch Jahre später auf den Steuerpflichtigen zurückgreifen und diesen zur Zahlung einer Steuerschuld heranziehen kann. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit bedarf einer ausführlichen Rechtfertigung, um nicht verfassungswidrig zu sein. Ob der Gesetzgeber eine überzeugende Rechtfertigung liefern kann, muss derzeit als zweifelhaft angesehen werden und letztendlich abgewartet werden. Es ist davon auszugehen, dass der Wegfall der Verjährungsfrist ebenfalls vom spanischen Verfassungsgericht überprüft werden wird, wenn der Gesetzesentwurf so umgesetzt wird, wie er durch die Regierung beschlossen wurde.
4.4. Strafrechtliche Konsequenzen Wie bereits erwähnt ist eine Folge der Amnestie, dass den Steuerpflichtigen keine strafrechtliche Verfolgung in Spanien droht. Dies bezieht sich insbesondere auf das Delikt der Geldwäsche, Artikel 301 des spanischen Strafgesetzbuches, welches bei der Zurückholung von unversteuertem Geld aus dem Ausland möglicherweise erfüllt sein kann.
Die Regierung möchte durch die Amnestie einen möglichst großen Anreiz schaffen, damit so viel Geld wie möglich aus dem Ausland zurück nach Spanien gebracht wird. Aus diesem Grund ist der Verzicht auf eine strafrechtliche Verfolgung von großer Bedeutung, da kaum ein Steuerpflichtiger freiwillig Angaben zu unversteuerten Einnahmen machen würde, wenn ihm strafrechtliche Konsequenzen drohen.
5. Verfassungsrechtliche Kritik und weitere Fragen hinsichtlich anderer Steuerarten
Das königliche Dekret und die Steueramnestie selbst sehen sich gewisser, insbesondere verfassungsrechtlicher, Kritik ausgesetzt, weshalb auch schon Klagen beim spanischen Verfassungsgericht gegen das Dekret eingegangen sind.
5.1. Das Gleichheitsprinzip Das spanische Steuersystem hat das in Artikel 14 der spanischen Verfassung verankerte Gleichheitsprinzip zu beachten. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es darf weder ungleiche Belastungen, noch ungleiche Begünstigungen geben.
5.2. Möglicher Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip Dieses Prinzip könnte durch die Pauschalbesteuerung in Höhe von lediglich 10% verletzt sein. Der Steuersatz für Unternehmen beträgt derzeit 30% und der Höchstsatz der Einkommensteuer für natürliche Personen sogar 52%. Wenn nun aber ein Steuerpflichtiger, der ursprünglich keine Steuern abgeführt hat, lediglich 10% einer bestimmten Bemessungsgrundlage zu versteuern hat, dann wird er wohl in den meisten Fällen im Vergleich zu den Steuerpflichtigen, die ihre Steuern gleich zutreffend und in vollem Umfang abgeführt haben, bessergestellt werden. Hierin könnte somit eine Ungleichbehandlung gesehen werden, die einer Rechtfertigung bedarf, um nicht verfassungswidrig zu sein.
5.3. Rechtfertigung eines möglichen Verstoßes Zunächst ist zu beachten, dass ein Steuerpflichtiger, der dem einkommensteuerrechtlichen Höchstsatz von 52% unterliegt, nicht sämtliche Einnahmen mit diesem Prozentsatz zu versteuern hat, sondern die durchschnittliche prozentuale Belastung deutlich niedriger sein wird.
Darüber hinaus verringert sich bei der Einkommens-und Körperschaftsteuer die Höhe der Bemessungsgrundlage durch gewisse steuermindernde Abzüge wie etwa Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben, welche bei der 10%-igen Sondersteuer nicht abziehbar sind. Aus diesem Grund ist die Diskrepanz zwischen der Sondersteuer und der eigentlich zu zahlenden Einkommens-bzw. Körperschaftsteuer nicht so groß, wie es die bloßen Zahlen ausdrücken mögen.
Die erforderliche Rechtfertigung für eine eventuell bestehende Ungleichbehandlung wird wohl in der Ausnahmesituation zu finden sein, in der sich Spanien derzeit befindet. Die Regierung muss Maßnahmen treffen um den defizitären Staatshaushalt wieder in den Griff zu bekommen. Dabei steht ihr ein gewisser Spielraum zu, der auch Ungleichbehandlungen rechtfertigen kann. Durch die Steueramnestie sollen nicht nur einmalig Mehreinnahmen in Milliardenhöhe anfallen, sondern sie soll auch langfristig zu einem höheren Steueraufkommen führen, da die zukünftigen Erträge in Spanien zu versteuern wären.
Bei der Wahl des Prozentsatzes muss dem Gesetzgeber ebenfalls ein gewisses Ermessen eingeräumt werden. Es soll ein Anreiz geschaffen werden, damit die Steuerpflichtigen bisher in Spanien unversteuertes Geld zukünftig im Inland versteuern werden. Um dieses gewährleisten zu können, darf der Steuersatz jedenfalls nicht zu hoch angesetzt werden, da ein zu hoher Steuersatz der Absicht der Regierung zuwiderlaufen würde. Zu bedenken ist auch, dass die Einnahmen aus dem zurückgeführten Geld in den Folgejahren mit dem jeweiligen normalen spanischen Steuersatz zu versteuern sind. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der Verzicht auf Strafverfolgung, Verzinsung und steuerrechtlicher Sanktionierung zu sehen.
Der Gesetzgeber will den Steuerpflichtigen soweit wie möglich entgegenkommen und ihnen einen möglichst großen Anreiz schaffen, damit sie ihr bislang nicht in Spanien versteuertes Geld wieder nach Spanien holen oder hier erstmalig versteuern. Hinsichtlich der Rechtfertigung einer im Raum stehenden Ungleichbehandlung können auch die Empfehlung der OECD zu einer Steueramnestie und die positiven Erfahrungen anderer europäischer Länder herangezogen werden. Ähnlich wie derzeit das spanische Verfassungsgericht, hatte sich bei der Steueramnestie im Jahre 2004 in Deutschland das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit zu beschäftigen. Auch in Deutschland wurde ein Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip gerügt. Das BVerfG wies die damalige Vorlage des Finanzgerichtes Köln als unzulässig ab. Es lag aus Sicht der Richter gerade kein ungerechtfertigter Verstoß gegen den grundgesetzlich verankerten Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) vor. Die Ungleichbehandlung wurde durch ausreichende sachliche Gründe gerechtfertigt.
5.4. Weitere Fragen hinsichtlich anderer Steuerarten Neben der Kritik in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit stellen sich noch weitere offene Fragen im Zusammenhang mit dem königlichen Dekret, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass lediglich drei Steuerarten von der Amnestie umfasst sind und nicht etwa auch die Erbschafts-und Schenkungssteuer oder die Umsatzsteuer.
Gerade hinsichtlich der Umsatzsteuer könnte die Gefahr von hohen Nachzahlungen für die Steuerpflichtigen bestehen. Wenn bei der Nachdeklarierung von Bargeld die angegebene Höhe des Betrages den Verdacht nahelegt, dass eine gewerbliche Tätigkeit vorlag, dann hätte der Steuerpflichtige ursprünglich auch Umsatzsteuer abführen müssen. Da die Umsatzsteuer aber nicht von der Steueramnestie umfasst ist, könnte es so zu möglichen Nachforderungen des Finanzamtes kommen.
Gerade in diesem Zusammenhang ergibt sich die oben erwähnte Problematik, ob die aus der Steueramnestie gewonnen Informationen in anderen steuerrechtlichen Verfahren genutzt werden dürfen. Wenn dies der Fall wäre, dann würde die Amnestie an Anreiz verlieren. Bezüglich dieser Fragen muss die weitere Entwicklung in der Gesetzgebung und der Rechtsprechung abgewartet werden. Zurzeit ist eine endgültige Einschätzung nur schwer möglich.
6. Die Steueramnestie in Deutschland als Vergleich
Steueramnestien wurden auch schon in anderen europäischen Ländern wie Italien, Großbritannien und Deutschland durchgeführt. In Italien und Großbritannien waren diese ein finanzieller Erfolg. In Deutschland hingegen wurden deutlich weniger Steuern eingenommen als ursprünglich erhofft.
6.1. Ausgestaltung der Steueramnestie in Deutschland Ende 2003 beschloss die damalige Regierung in Deutschland das Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG), welches eine Steueramnestie zum Inhalt hatte. Wie die spanische Regierung jetzt, erhoffte sich die deutsche Regierung damals Mehreinnahmen in Milliardenhöhe und den Rückfluss von unversteuertem Geld aus dem Ausland nach Deutschland. Die deutschen Steuerpflichtigen hatten die Möglichkeit, vom 01.01.2004 bis zum 31.03.2005 von der Steueramnestie Gebrauch zu machen.
Der Steuersatz betrug bei einer Erklärung bis zum 31.12.2004 25 % und bei einer Erklärung bis zum 31.3.2005 35 %. Die Steueramnestie bezog sich, anders als jetzt in Spanien, nicht nur auf die Einkommen-und Körperschaftsteuer, sondern auch auf die Gewerbesteuer, die Umsatzsteuer und die Erbschaft-und Schenkungsteuer. Auch bezog sich die Steuer auf eine größere Anzahl von Veranlagungszeiträumen, nämlich 10 (die Jahre 1993 – 2002).
6.2. Bemessungsgrundlage Im Hinblick auf die Einkommens-und Körperschaftssteuer wurden bei der deutschen Steueramnestie ebenfalls nur die im Ausland erzielten Erträge und nicht die Vermögensmasse selbst zur Besteuerung herangezogen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage wurde ein jährlicher Bruttoertragswert für die letzten 10 Jahre gebildet und dieser anschließend mit 10 multipliziert. Die Steuerpflichtigen in Deutschland, die die Steueramnestie nutzten, mussten hinsichtlich der Einkommenund Körperschaftsteuer aber tatsächlich nicht einen Steuersatz von 25 % bezahlen, sondern lediglich einen Steuersatz von 15 %.
Der effektive Steuersatz von 15 % ergab sich dadurch, dass sich die Bemessungsgrundlage lediglich auf 60 % des jährlichen Bruttoertragswertes für die letzten 10 Jahre bezog. Der pauschale Abzug von 40 % wurde deshalb gemacht, weil bestimmte Ausgaben die Bemessungsgrundlage von Einkommens-und Körperschaftssteuer mindern können und hiervon sollten auch die Steuerpflichtigen profitieren, die ihre Erträge ursprünglich nicht angegeben hatten. Bei den anderen betroffenen Steuerarten war der effektive Prozentsatz noch niedriger. So betrug bei der Gewerbesteuer der pauschale Abzug 90%, bei der Erbschafts-und Schenkungssteuer 80% und bei der Umsatzsteuer 70%.
6.3. Wirtschaftlicher Erfolg der Steueramnestie Bei Verabschiedung des Gesetzes im Jahre 2003 hoffte man noch auf einen Kapitalrückfluss in Höhe von etwa 100 Mrd. € und Steuereinnahmen in Höhe von 15 Mrd. €. Diese Prognose wurde dann im Laufe des Jahres 2004 gesenkt. Letztendlich flossen lediglich etwas über 1 Mrd. € als einmalige Mehreinnahmen in die Staatskasse.
7. Fazit
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Regierung Rajoy Maßnahmen trifft, um die Staatseinnahmen zu erhöhen und die Staatsausgaben zu senken und auf diesem Wege die Konsolidierung des Staatshaushaltes vorantreiben möchte. Allerdings muss die Regierung darauf achten, dass die Steueramnestie nicht dazu führt, dass die Steuermoral der Bevölkerung Schaden nimmt und so zu einer zusätzlichen Belastung für die künftigen Haushalte wird.
Im Hinblick auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit bleibt abzuwarten, wie das spanische Verfassungsgericht entscheiden wird, wobei durchaus damit gerechnet werden kann, dass es das königliche Dekret 12/2012 für verfassungsgemäß erklären wird und damit die Steueramnestie rechtens wäre.