Auf den ersten Blick gehören unsere alltäglichen Fuβwege, Fahrten mit dem Auto, dem Fahrrad oder dem Motorrad nicht zu den besonders risikoträchtigen Aktivitäten. Manchmal finden sie jedoch ein tragisches Ende im Krankenhaus.
Woran ist zu denken, wenn man in Spanien einen Verkehrsunfall mit Körperverletzung erlitten hat oder dies einem Angehörigen zugestoβen ist?
Zuallererst sollte natürlich dafür gesorgt werden, dass sowohl Krankenwagen als auch die zuständige Polizei so bald wie möglich zur Stelle ist. In der gesamten Europäischen Union und den angrenzenden Staaten gilt die Notfallnummer 112.
Die Polizei nimmt den Unfall auf, d.h. sie macht eine Unfallskizze, protokolliert die Erklärungen von anwesenden Zeugen, dem Unfallopfer und dem Unfallverursacher. Bei dem geringsten Verdacht führt sie auβerdem einen Alkoholtest durch.
Nachdem der Krankenwagen das Unfallopfer ins Krankenhaus gefahren hat, wird dort der erlittene Unfall als Einlieferungsgrund festgehalten und der Aufnahmebericht erstellt.
Die genannten Unterlagen werden dem Ermittlungsrichter (Juzgado de Instrucción) übermittelt. Je nach der Schwere oder den Umständen des Unfalls werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.
Weitaus wichtiger als eine strafrechtliche Verurteilung des Unfallverursachers, welchem der Entzug der Fahrerlaubnis, die Zahlung einer Geldstrafe oder sogar eine Gefängnisstrafe drohen kann, ist für Unfallopfer jedoch die Frage der angemessenen Entschädigung als Ausgleich für die erlittene Verletzung. Grundsätzlich muss derjenige, der schuldhaft einen Schaden verursacht hat, diesen Schaden ausgleichen. Die Schadensersatzforderung ist auf dem Zivilrechtsweg vor Ablauf eines Jahres gegen den Fahrer und seine Kraftfahrzeugversicherung zu richten. Soll Strafanzeige erhoben werden, was im Falle einer Verletzung schon aus Gründen der Beweissicherung ratsam sein kann, muss dies bereits vor dem Ablauf von sechs Monaten geschehen.
Als Anspruchsgegner steht mir die Versicherungsgesellschaft für alle Schäden, die sich aus dem Unfall ergeben, gegenüber.
Nach den einschlägigen spanischen Vorschriften kommt die jährlich vom Versicherungsaufsichtsamt aktualisierte Tabelle mit konkret bezifferten Richtsätzen für die Entschädigungsbeträge bei Verkehrsunfällen („Baremo de indemnización de accidentes de tráfico“) zur Anwendung.
Als Opfer eines Verkehrsunfalles muss ich die erlittenen Schäden nachweisen und es ist sehr wichtig, alle relevanten Nachweise, die mit dem Unfall in Verbindung stehen, aufzuheben, von den ärztlichen Krankenberichten über Belege von Taxikosten bis zu den Quittungen für die Reparatur der bei dem Unfall beschädigten Gegenstände. Die Berechnung der Schadensersatzforderung ist komplex. So kann es entscheidend sein, von Anfang an über den entsprechenden rechtlichen Beistand zu verfügen, der z.B. die richtigen ärztlichen Berichte anfordert und weiβ, wie zu verhandeln ist. Es sollte nichts vorschnell und ohne eine qualifizierte Beratung unterzeichnet werden. Da die Jahresfrist erfahrungsgemäß recht knapp wird, kann z.B. durch die adäquaten rechtlichen Schritte eine Unterbrechung der Verjährung erreicht und so verhindert werden, dass die Ansprüche aufgrund Fristablaufs verloren gehen.
In besonders schweren Fällen kontrollieren die Gerichtsmediziner, in welchem Zeitraum sich die Geschädigten erholen und welche Folgekrankheiten möglicherweise auftreten. Die Berichte der Gerichtsmediziner sind jedoch in der Regel nicht ausreichend, um die Schwere der Schäden nachzuweisen.
Manchmal ist das Gutachten eines auf Rechtsmedizin spezialisierten Sachverständigen anzufordern, das insbesondere zu dem Ausmaß der Folgeerscheinungen Stellung nimmt, wobei zwischen den physischen Folgen im engeren Sinne, wie z. B. eine Lähmung und den ästhetischen Folgeerscheinungen, wie z.B. einer Narbe unterschieden wird.
Falls sich der Unfall während einer Urlaubsreise in Spanien ereignet hat, können auch die nach unserer Rückkehr angefertigten Berichte deutscher Ärzte herangezogen werden, wenn es darum geht, den Umfang der Verletzungen und die Folgeerscheinungen zu bestimmen und mit den Versicherungsgesellschaften zu verhandeln oder die geforderte Entschädigung vor Gericht zu rechtfertigen und Beweise für die die Schäden vorzulegen.
Wieviel kostet nun ein Bein? Die Antwort lautet: Es kommt darauf an… Zu berücksichtigen sind u.a. das Alter, die Auswirkungen auf das Arbeitsleben des Geschädigten (entgangener Gewinn bei Selbstständigen), die Anzahl der Tage, die er im Krankenhaus verbracht hat und die Dauer der Genesung. Auβerdem spielt es eine Rolle, ob wir z.B. bauliche Maβnahmen zur Anpassung in unserer Wohnung vornehmen mussten oder ein auf die Behinderung abgestimmtes Spezialauto benötigen. Die Antwort auf die Frage ist also nicht durch einen einfachen Dreisatz zu beantworten.
Jessica Wehmeier
Gloria Viñals